Dämpfung von Joggingschuhen
Die Dämpfung gehört zu den wichtigsten Eigenschaften eines guten Laufschuhs. Man versteht darunter die Fähigkeit des Schuhs, den Aufprallschock auf hartem Untergrund (Asphalt, Beton, etc.) zu mindern und damit die erhebliche Belastung auf den Körper und das Verletzungsrisiko zu minimieren. Mittlerweile haben die meisten Laufschuhhersteller aber verstanden, dass das frühere Streben nach einer maximalen Dämpfung und immer dickeren und damit unflexibleren Sohlen auch massive Nachteile erzeugen kann. Aus unserer Sicht sollte jeder Läufer seine individuelle Verfassung und Konstellation analysieren und erkennen und darauf aufbauend den passendsten Laufschuh mit der entsprechenden Dämpfung und sonstigen Eigenschaften auswählen. Mit zunehmendem Trainingsfortschritt und damit veränderter bzw. verbesserter Konstellation sollte eine erneute Prüfung stattfinden.
Knieprobleme bei unpassender Dämpfung
Eines der häufigen Probleme einer ungeeigneten Dämpfung sind Knieprobleme und Knieschmerzen, die sich oft erst nach einem relativ langen Zeitraum zeigen (teilweise erst nach Monaten). Dabei bedeutet „ungeeignet“ sowohl eine zu geringe, aber auch eine zu starke (!) Dämpfung. Durch diesen teilweise schleichenden Prozess fällt es dem Betroffenen oft schwer, die Ursache zu identifizieren. Wir würden bei frisch auftretenden Knieproblemen daher immer dazu raten, auch die Dämpfung des Laufschuhs auf den Prüfstand zu stellen.
Offensichtlich ist die Problematik einer zu geringen Dämpfung. Allerdings ist es weniger deutlich zu erkennen, weshalb eine zu große Dämpfung, gerade im Kniegelenk, Probleme verursachen kann. Im wesentlichen sind hier folgende Faktoren und Mechanismen anzuführen:
- Reduzierte Stabilität und Flexibilität der Füße im Laufschuh,
- geringerer Trainingseffekt (siehe oben),
- Höhere Ausprägung des Fersenbereichs – höhere Sprengung – gestreckteres Bein in der Landephase und dadurch größere Kniebelastung.
Man sollte auch beachten, dass zu alte und abgenutzte Laufschuhe vergleichbare Symptome hervorrufen können, da bei ihnen im Laufe der Zeit das Dämpfungssystem verschleißt und der Schuh instabiler wird.
Dämpfungssysteme in Laufschuhen
Fast alle Hersteller von Laufschuhen besitzen eigene Dämpfungssysteme mit geschützten Bezeichnungen. Innerhalb einer Marke kommt in der Regel immer diese Grundtechnik zum Einsatz, meist nur mit relativ geringen Unterscheidungen. Vielmehr handelt es sich um Anpassungen des gleichen Materials und der Technik an einen bestimmten Fußtyp, Läufertyp, Laufstil und an eine unterschiedliche Bodenbeschaffenheit. Diese bestimmen die Größe und Funktion der Dämpfungssysteme.
Im Allgemeinen übernimmt die Zwischensohle einen Großteil der Dämpfung, wobei die Hersteller in den Bereichen der größten Belastungen zusätzlich Luftkissen, Gaskissen, Gelkissen, Silikonkissen, gummiartige Schockabsorber oder flexible Karbonfaserkonstruktionen in die Zwischensohle einsetzen. Dies betrifft hauptsächlich die Vorfußdämpfung und die Fersendämpfung. Dabei benutzen viele Hersteller auch durchgängige Systeme, die die gesamte Zwischensohle umfassen. Die Fersendämpfung ist meist am stärksten ausgeprägt, denn die meisten Läufer joggen (unbewusst) über die Ferse und daher gilt es hier den größten Aufprall aufzufangen.
Dämpfung und Stabilität
Die Stabilität eines Laufschuhs ist vor allem von der Beschaffenheit und Dicke der Sohle und der des Obermaterials abhängig. Dies hat maßgeblichen Einfluss auf die Passform, die Fußführung und das Abrollverhalten. Mit zunehmender Dämpfung wird das Verhalten des Fusses im Laufschuh in der Regel instabiler. In zu stark gedämpften Laufschuhen neigen Läufer zum „Schwimmen“. Dies führt zur Instabilität des Laufstils und bremst. Außerdem bedeutet dieses Schwimmverhalten immer auch einen Energieverlust. Zu weiche Sohlen kehren nach dem Aufprall weniger schnell in ihre Ausgangsform zurück. Dies ist aber gerade wichtig für fortgeschrittene Läufer mit höheren Geschwindigkeiten. Ausgelöst wird die Problematik zum einen durch die Dämpfungselemente bzw. die dickere und unflexiblere Sohle. Hinzu kommt, dass meist auch steiferes Obermaterial Verwendung findet, um dem Stabilitätsproblem zu entgegnen. Im Grunde steht der Läufer vor dem Problem, dass ein Mehr an Dämpfung auch ein Mehr an Steifigkeit und Unflexibilität kostet.
Pro und Contra
Auch wenn Dämpfungssysteme in Joggingschuhen bei zu starker Ausprägung Probleme bereiten können, hat sie natürlich grundsätzlich eine sehr wichtige Funktion. Sie soll eine zu starke Belastung des Körpers verhindern und den harten Untergrund ausgleichen. Das ist besonders bei schweren bzw. übergewichtigen Läufern, Laufanfängern, Wiedereinsteigern, langsamen Läufern, bei langen Laufstrecken und bestimmten Fehlstellungen oder orthopädischen Problemen wichtig.
Bei allem Bewusstsein um die Funktion und Vorteile einer technischen Dämpfung sollte nicht vergessen werden: Der Körper besitzt bereits ein eigenes natürliches Dämpfungssystem, welches bei einer trainierten Fußmuskulatur und einem guten Laufstil zur Geltung kommt. Zu starke Dämpfungssysteme nehmen dem Fuß diese wichtige Muskelarbeit ab und entlasten in übermäßig. Eine Erschlaffung der Fußmuskulatur durch unzureichendes Training ist die Folge. Und dabei wäre doch gerade der Trainingseffekt auf den Fuß eines der wichtigen Vorteile regelmäßigen Laufens. Die detailliertere Abwägung zwischen viel und wenig Dämpfung wird in Dämpfung Pro und Contra diskutiert.
Für wen ist eine höhere Dämpfung sinnvoll?
Grundsätzlich ist eine höhere Dämpfung bzw. Dämpfungsschuhe für Läufer insbesondere bei folgenden Umständen und Problemen zu empfehlen:
- geringer Trainingsgrad und/oder Übergewicht,
- Training auf hartem oder gefrorenem Untergrund (Asphalt, Schotterwege, festgetretene Naturwege etc.),
- Wiedereinsteiger,
- Hohlfuß,
- Schmerzen durch Überpronation (in Fußballen und Achillessehne),
- bei langen Strecken (insbesondere ab 10 km).
Es sollte auch beachtet werden, dass langsames Laufen in der Regel mit einem ausgeprägten Fersenfussstil einhergeht. Durch das relativ gestreckte Knie ergibt sich eine größere Belastung, die mehr Dämpfung bedarf. Allerdings sollte angestrebt werden – soweit und sofern es die eigene Verfassung und Fähigkeit erlaubt – einen Mittelfussstil zu wählen. Ähnliches trifft auf das Laufen mit relativ kleinen Schritten zu. Durch kleine Schritte erhöht sich bei gleicher Distanz entsprechend die Schrittzahl. Es ist offensichtlich, dass dadurch die orthopädische Belastung steigt.
Auf eine ausgeprägte Dämpfung kann bzw. sollte (mehr oder weniger) verzichtet werden, insbesondere bei folgenden Umständen:
- ausreichend weicher Untergrund (Waldboden, Sand, etc.),
- bei gutem Trainingsstand und ausreichender Aufbauzeit bis sich neben der Muskulatur auch die Sehnen und Bänder entwickeln konnten,
- beim Vorfußlauf,
- keine oder nur geringe Fehlstellung der Füsse,
- bei einem Wettkampf mit höherem Lauftempo.
Wettkampfschuhe
Wettkampfschuhe unterliegen speziellen Anforderungen. Gewicht muss gespart und ein bestmöglicher Bodenkontakt gewährleistet werden. Außerdem soll bei ihnen so wenig wie möglich Energie verloren gehen; sie sollen durch ihre Härte schneller in ihre Ausgangsposition zurückkehren können. Dämpfungssysteme sind hier nicht nur hinderlich, sondern auch unnötig. Wettkampfschuhe kommen daher ohne nennenswerte bzw. mit sehr geringer Dämpfung aus. Sie sind speziell für schnelle Läufe konzipiert, bei denen der Laufstil automatisch auf den Vorfußbereich verlagert wird. Beim Vorfußlauf kommt besonders die körpereigene Dämpfung über die Achillessehne und Wadenmuskulatur zum Tragen. Das macht Dämpfungssysteme im Schuh weitestgehend überflüssig. Die geringe Dämpfung kann für untrainierte Füße zu Problemen führen und die Gelenke stark belasten. Dennoch sind Wettkampfschuhe bei fortgeschrittenen Läufern und kurzen Trainingsdistanzen eine gute Alternative zu normalen Laufschuhe – auch um mehr Abwechslung für die Füße zu erreichen.
Laufschuhe ohne Dämpfung
Weitere Laufschuhe ohne nennenswerte Dämpfungssysteme sind sogenannten „Barfuß“ -Laufschuhe. Sie fördern insbesondere die Muskulatur der Füße und Waden, sollten aber im Training nur von trainierteren Läufern, ohne schwere orthopädische Probleme oder Fehlstellungen und bei geeigneter Bodenbeschaffenheit eingesetzt werden. Streckenlängen über 10 km werden nicht empfohlen. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter Barfuß Laufen.
Dämpfungsgrad der Laufschuhkategorien
Auf Basis der oben beschriebenen Abwägungen, ist es für jeden Läufer wichtig, für seine individuelle Konstellation und körperliche Verfassung die passende Dämpfung zu wählen. Im folgenden wird zur Orientierung der typische Dämpfungsgrad der einzelnen Laufschuhkategorien beschrieben. Innerhalb der Kategorien existieren natürlich noch Graduierungen. Da aber nicht nur die Dämpfung, sondern auch andere Faktoren, wie insbesondere die Stabilität, Stützung, Laufuntergrund und Laufstil eine wichtige Rolle spielen, sollte diese genauso berücksichtigt werden.
Kategorie Laufschuhe | Dämpfungsgrad |
| mittel bis sehr hoch |
| mittel |
| mittel bis hoch |
gering bis mittel | |
mittel | |
keine bis sehr gering | |
| gering bis mittel |
sehr gering |
Fazit zur Dämpfung von Laufschuhen: Im Laufe seiner Entwicklung hat sich der menschliche Körper und der Laufstil an das Laufen auf weichem Untergrund angepasst. Erst das Laufen auf hartem Untergrund und Bewegungsmangel sowie das ungeeignete Alltagsschuhwerk machte es notwendig, den Fuß zu dämpfen, um die damit einhergehenden Belastungen zu minimieren. Dämpfung verändert aber auch den natürlichen Laufstil und zwingt den Fuß in eine eher unnatürliche Art des Laufens. Damit verringerte sich nicht etwa die Anzahl der Verletzungen sondern es ergaben sich völlig neue Beschwerdebilder. Dennoch: Dämpfung ist für diejenigen sinnvoll, die sie aufgrund der o.g. Punkte benötigen und schont bei längeren Strecken sowie hartem Untergrund Füße und Gelenke. Es gilt sein individuelles Optimum zu bestimmen.